Die Ursprünge des Kartenlegens – eine Reise ins Mittelalter
Spielkarten als Ursprung
Die Geschichte des Kartenlegens beginnt nicht als esoterische Disziplin, sondern als weltliches Spiel. Die ersten Spielkarten kamen vermutlich im 14. Jahrhundert über arabische Händler nach Europa. Man geht davon aus, dass die Mamluken in Ägypten Spielkarten benutzten, die später in Italien und Spanien adaptiert wurden.
Vom Spiel zur Symbolik
Schon bald entdeckten Menschen das symbolische Potenzial der Karten. Besonders die allegorischen Figuren – wie Könige, Damen oder Ritter – luden zur Deutung ein. Aus spielerischer Unterhaltung wurde nach und nach eine Form intuitiver Interpretation.
Die Entstehung des Tarot – mystisch, esoterisch, tiefgründig
Tarot als Ursprung des esoterischen Kartenlegens
Der Tarot ist das bekannteste Wahrsagekartensystem und entstand im 15. Jahrhundert in Italien. Die sogenannten „Tarocchi“ waren ursprünglich Spielkarten mit aufwendig gestalteten Bildern. Erst im 18. Jahrhundert begannen Okkultisten, diese Karten zur Divination zu nutzen.
Die 78 Karten des Tarot
- 22 Große Arkana: Archetypische Symbole (z. B. Der Narr, Der Tod, Die Sonne)
- 56 Kleine Arkana: Alltagsthemen (aufgeteilt in vier Farben: Stäbe, Kelche, Schwerter, Münzen)
Die Symbolkraft des Tarot eignet sich hervorragend für tiefenpsychologische, spirituelle und intuitive Lesungen.
Das 18. und 19. Jahrhundert – Okkultismus und geheimes Wissen
Die Esoterik entdeckt die Karten
Im Zeitalter der Aufklärung und Romantik begannen Gelehrte wie Court de Gébelin, Etteilla oder Eliphas Lévi, den Tarot mit alten Mysterienreligionen, der Kabbala und Astrologie zu verbinden. Kartenlegen wurde nun als Zugang zu verborgenen Wahrheiten und höheren Ebenen verstanden.
Geheimgesellschaften und Symbolsysteme
Tarot und andere Kartensysteme wurden in esoterischen Zirkeln – z. B. in der Hermetic Order of the Golden Dawn – genutzt, um persönliche und spirituelle Erkenntnisse zu gewinnen.
Das 20. Jahrhundert – Popularisierung und Vielfalt
Das Rider-Waite-Tarot: Standard für Millionen
1909 entwarf Arthur Edward Waite gemeinsam mit der Künstlerin Pamela Colman Smith das heute weltweit bekannteste Tarotdeck. Das Rider-Waite-Tarot enthält detaillierte Illustrationen auch bei den Kleinen Arkana – ein Novum zu dieser Zeit.
Seine Bilder sind bis heute Grundlage unzähliger moderner Decks.
Lenormand und Zigeunerkarten
- Lenormandkarten: 36 Karten mit klaren Symbolen (z. B. Buch, Herz, Fuchs), benannt nach der berühmten Wahrsagerin Mlle Lenormand
- Zigeunerkarten: Ein volkstümliches Wahrsagekartensystem mit Alltagsszenen (z. B. Hochzeit, Geld, Krankheit)
Kartenlegen im Volksglauben
Im deutschsprachigen Raum wurde Kartenlegen oft mit „Zigeunerinnen“, Jahrmärkten und mündlicher Tradition verbunden. In Haushalten wurde es als „heimliche Kunst“ praktiziert, häufig weitergegeben von Mutter zu Tochter.
Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts – Tarot im New Age
Spiritualität, Psychologie und Selbsthilfe
Mit der Esoterikwelle ab den 1970er-Jahren erhielt das Kartenlegen eine neue Rolle: weniger als deterministische Wahrsagung, mehr als Spiegel der Seele. Tarot wurde zunehmend als Werkzeug zur Selbsterkenntnis eingesetzt – auch in der humanistischen Psychologie.
Neue Kartendecks und kreative Vielfalt
Es entstanden zahllose neue Decks: Engel-Tarots, Göttinnenkarten, Tierorakel und Affirmationskarten. Die Bilder wurden moderner, femininer, multikultureller. Kartenlegen wurde personalisierbar – passend zur individuellen Weltanschauung.
Digitalisierung und Kartenlegen im 21. Jahrhundert
Kartenlegen geht online
Mit der Digitalisierung wurde Kartenlegen auch über Internet, Apps und Videos verbreitet. YouTube-Kartenleger*innen, TikTok-Leser*innen und Tarot-Communities auf Instagram erreichten Millionen.
Tarot-Apps und künstliche Intelligenz
Tarot-Apps ermöglichen Legungen jederzeit und überall. KI-basierte Tarot-Reader analysieren Kartenbilder automatisch – ein spannendes, wenn auch umstrittenes Phänomen.
Kartenlegen wird Mainstream
Was früher geheim war, ist heute öffentlich. Kartenlegen ist salonfähig geworden: in Coachings, bei Influencern, in spirituellen Retreats oder als Achtsamkeitspraxis.

Ursprung des Kartenlegens
Moderne Ansätze: intuitiv, feministisch, ganzheitlich
Tarot als Spiegel, nicht als Schicksalsurteil
Moderne Kartenleser*innen verstehen sich nicht mehr als Wahrsager, sondern als Begleiter. Es geht nicht um feste Zukunftsprognosen, sondern um innere Erkenntnis.
Inklusive Symbolik
Viele neue Decks spiegeln Diversität wider: andere Hautfarben, Körperformen, Geschlechteridentitäten. Das Kartenlegen wird zum Instrument spiritueller Inklusion.
Kartenlegen und Coaching
Immer mehr Coaches, Therapeuten und Heilpraktiker integrieren Tarot und Lenormand als visuelle Werkzeuge in ihre Arbeit – zur Stärkung von Intuition, Selbstwahrnehmung und Zielorientierung.
Einflüsse aus aller Welt
Ost und West im Dialog
Während Tarot europäische Wurzeln hat, integrieren viele moderne Systeme Elemente aus fernöstlichen Philosophien (z. B. I-Ging, Chakra-Lehre, Buddhismus).
Synkretismus und Globalisierung
Die heutige Kartenpraxis ist ein Mosaik: alt und neu, christlich und pagan, rational und intuitiv. Diese Vielschichtigkeit macht Kartenlegen so lebendig wie nie zuvor.
Ein kurzer Blick auf Kartentypen im Vergleich
Kartentyp | Merkmale | Verwendung |
---|---|---|
Tarot | 78 Karten, Arkana, symbolreich | Tiefenpsychologie, Spiritualität |
Lenormand | 36 klare Symbole, alltagsnah | Fragen zu Liebe, Beruf, Entscheidungen |
Zigeunerkarten | Alltagsszenen, direkt | Konkrete Fragen, intuitive Deutung |
Orakelkarten | Freie Anzahl, thematisch | Impulse, Affirmationen, Inspiration |
Fazit: Kartenlegen als Spiegel kultureller Entwicklung
Die Geschichte des Kartenlegens ist eine Geschichte des Wandels – von der Spielkarte zur spirituellen Landkarte. Was einst im Verborgenen praktiziert wurde, ist heute ein lebendiger Teil moderner Spiritualität und Selbstentwicklung.
Ob mit Tarot, Lenormand oder Orakelkarten: Kartenlegen lädt dazu ein, Fragen zu stellen, tiefer zu fühlen und das eigene Leben bewusster zu gestalten.
Vielleicht ist es genau das, was diese Praxis so zeitlos macht: Sie spricht mit Bildern – aber sie antwortet im Herzen.